Zapatistische Solidarität gegen Krieg und Militarismus
No habrá paisajes después de la batalla
“Nach der Schlacht wird es keinerlei Landschaft geben“, so der Titel eines Kommuniqués der Zapatistas gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Während sich die paramilitärischen Aggressionen in Chiapas stetig zuspitzen, mobilisieren die zapatistischen Gemeinden gegen Militarismus und kapitalistische Kriege.
Die Meldung über den russischen Einmarsch in die Ukraine erreichte schnell auch den Süden Mexikos. Bereits am 02. März äußerten sich die Zapatistas, die seit 1994 gegen die neoliberale Politik des Staates, gegen den Kapitalismus und für die Autonomie ihrer Gemeinden kämpfen, in einem Kommuniqué:
„Wer jetzt leidet – durch die Irrsinnigkeiten der einen und den hinterlistigen ökonomischen Berechnungen der anderen – das sind die Bevölkerungen Russlands und der Ukraine (und vielleicht bald die Bevölkerungen der näher oder weiter gelegenen Geographien). Als Zapatistas, die wir sind, unterstützen wir weder den einen noch den anderen Staat, sondern diejenigen, die – für das Leben – gegen das System kämpfen.“
Für das Leben: Kämpfen und Verbinden
Für die Maya-Indigene bedeutet ein „Alto a la Guerra!“ („Stoppt den Krieg!“) ein „Ja zum Leben!“ Sie wissen, wovon sie sprechen, denn seit dem indigenen Aufstand 1994 leben sie unter den Bedingungen eines ‚Krieges niedriger Intensität‘. Das staatliche Militär ist in der Region und immer wieder auch in den Gemeinden präsent, vor allem aber werden paramilitärische Gruppen von der mexikanischen Regierung unterstützt und geschützt. Unter kompletter Straflosigkeit zerstören sie Kaffeeplantagen, Schulen oder eine Gesundheitspraxis. Es gibt Regionen, in denen die Paramilitärs willkürlich und stundenlang in den Gemeinden herumschießen, ohne dass die Behörden eingreifen (mehr zu den Hintergründen).
Trotz allem sehen die Zapatistas bislang davon ab, die Selbstverteidigungskräfte der EZLN zu mobilisieren. Sie sagen „Nein zum Krieg!“ und kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben jenseits einer militarisierten Gesellschaft.
Zwischen September und Dezember 2021 reisten 177 Zapatist:innen nach Europa: Die Extemporánea-Delegation war gekommen, um selbstorganisierte Kollektive, Gruppen und Organisationen kennenzulernen, sich mit ihnen auszutauschen und zu vernetzen. Sie berichteten von ihren Erfahrungen und Kämpfen, fragten aber auch: Wie organisieren wir uns hier in Europa von links und von unten? Wie kämpfen wir in der sogenannten ersten Welt gegen den Kapitalismus, gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausbeutung? Angesichts sich verschärfender Konflikte in Chiapas warben die Zapatistas um Unterstützung, ohne die politische Perspektive darauf zu reduzieren. Solidarität wurde hier nicht als Einbahnstraße, sondern als wechselseitige Bezugnahme erfahrbar.
Gemeinsam gegen jeden Krieg
Nun ist der Krieg auch in Europa angekommen. Und die Zapatistas zeigen ihre Solidarität. Sie fordern ein Ende der russischen Invasion und stellen sich auf die Seite der Zivilbevölkerung in der Ukraine und Russland, solidarisieren sich mit denjenigen dort, die rebellieren:
„Es verbindet, eint sie untereinander – wie es sie mit uns verbindet, eint – nicht nur das NEIN zum Krieg sondern auch die Ablehnung, sich Regierungen ‚anzuschließen‘, die ihre Leute unterdrücken“, schreiben sie in dem Kommuniqué.
Im Einvernehmen mit Kollektiven, Gruppen und Personen aus dem rebellischen Europa – oder Slumil K‘ Ajxemk‘ Op in indigener Tsotzil-Sprache – vereinbaren die Zapatistas Mobilisierungen und Demonstrationen gegen ALLE kapitalistischen Kriege in der ganzen Welt, also etwa auch in Syrien und Kurdistan, in Chile gegen die Mapuche oder gegen Indigene in ganz Lateinamerika.
In Chiapas verließen sie am 13.03. ihre autonomen Gemeinden. Unter anderem gingen sie nach San Cristóbal de Las Casas und zogen leise durch die militarisierte Hauptstadt. Nach dem „Marsch der Farben der Erde“, auch bekannt als „Marsch der indigenen Würde", war dies seit 2001 die zweite öffentliche Demonstration von tausenden von Zapatist:innen. Damals marschierten sie über 37 Tage für die Anerkennung der Rechte der Indigenen in Mexiko. Nun mobilisieren sie mit Kunst, Konzerten, Diskussionen, Versammlungen, und Demonstrationen gegen den Krieg des Kapitals und fordern sein Ende. Das rebellische Europa folgte dem Appell. In vielen Städten gingen auch hier Kollektive, Gruppen, Organisationen und Personen gegen den Krieg in der Ukraine und überall auf die Straße [Fotos hier].
1994, als die mexikanische Regierung die zapatistischen indigenen Gemeinden bombardierte, war die Zivilbevölkerung in Mexiko-Stadt auf die Straßen gegangen, um das Massaker zu stoppen. Sie übermittelte den Zapatistas eine Botschaft: „Ihr seid nicht allein!“ („no están solos!“). Nun antworten diese der Bevölkerung in den Kriegsgebieten und kriegsführenden Ländern:
„Ihr seid nicht allein!“ – „Stoppt den Krieg! Weder Putin, noch Selenski!“