Von der Bohne bis zur Tasse
Der Weg des Kaffees
Kaffee ist eines der beliebtesten Getränke. Mehr als 150 Liter Kaffee trinken wir durchschnittlich im Jahr. Durch Landraub wurden im 19. Jahrhundert in Ländern wie Mexiko riesige Plantagen für den Anbau geschaffen. Die Rahmenbedingungen im heutigen Kaffeewelthandel werden dabei wie vor hundert Jahren von und für große Konzerne gestaltet. Der Anteil für Kleinbäuer*innen liegt im Schnitt bei lediglich 10 Prozent des Verkaufspreises. Deutschland ist mit 15 Prozent Weltmarktanteil nach den USA (18 Prozent) der zweitgrößte Importeur von Kaffee. Auch hierzulande besteht nach wie vor eine Handelsstruktur, in der wenige Anbieter*innen große Teile des Marktes kontrollieren. Zu ihnen zählen Aldi, Tchibo, Jacobs, Dallmayr und Melitta mit ca. 80 Prozent des deutschen Kaffeemarktes.
Bei keinem anderen Produkt hat sich aber auch ein derart großes Bewusstsein für ungerechte Handelsbeziehungen entwickelt und ist die Bereitschaft so hoch, bessere Preise für gerechtere Produktionsbedingungen zu bezahlen. In den letzten Jahren haben sich unterschiedliche Modelle ‚fairer‘ Handelsformen etabliert. Bekannte Zertifizierungen sind Fairtrade, Rainforest oder UTZ. Aber auch Direktimporte von Kleinröstereien und andere alternative Handelsbeziehungen nehmen kontinuierlich an Bedeutung zu. Café Libertad Kollektiv versteht sich im Unterschied zu anderen Fairhandels-Modellen als solidarischer Handel. Dies bedeutet, bewusst mit widerständigen, indigenen Kooperativen zusammenzuarbeiten und soziale Bewegungen und politische Selbstorganisierungen durch Aufschläge zu fördern.
Der Anbau
Kaffee ist eine sehr pflegeintensive Pflanze. Viele Faktoren beeinflussen dabei die Qualität des Produkts, z.B. der Boden und die Wetterbedingungen. Ca. 70 Prozent des insgesamt angebauten Kaffees entfallen auf die Sorte Arabica, 30 Prozent auf Robusta. Während Robusta auch in tiefer gelegenen Regionen wächst, wird Arabica vor allem im Hochland angebaut. Zudem gilt: In je höheren Lagen der Kaffeeanbau stattfindet, desto langsamer wächst die Pflanze, weshalb die Höhenlage ein wesentliches Qualitätsmerkmal ist. Höhere Lagen bedeuten häufig aber auch längere Wege und beschwerlichere Arbeitsbedingungen für die Produzent*innen.
Die Weiterverarbeitung
Kaffeekirschen sind rote Früchte. Jede enthält im Regelfall zwei Kerne, die im zubereiteten Kaffee oder Espresso eine lange Reise hinter sich haben. Sie werden bei einer nassen Verarbeitung geschält, vom Honigwasser gereinigt, getrocknet, von der Pergaminhaut befreit, sortiert, gelagert und schließlich für den Export per Container vorbereitet. Kleinbäuerliche Kooperativen organisieren dies im Zusammenschluss, um nicht von Konzernen oder Zwischenhändler*innen abhängig zu sein. 20 bis 25 Millionen Menschen leben in den Produktionsländern vom Anbau, der Weiterverarbeitung und dem Export des Kaffees.
Der Welthandel
Kaffee wird teilweise bis zu sieben Mal gehandelt, bis er bei den Verbraucher*innen ankommt. Trotzdem ist er im Verhältnis zum Arbeitsaufwand beim Anbau und in der Verarbeitung sehr billig. Dies resultiert aus schlechten Preisen für die Produzent*innen. Je kleinteiliger die Produktionsstrukturen sind, desto länger werden normalerweise die Handelswege. Insbesondere für den kleinbäuerlichen Anbau sind zudem schwankende Weltmarktpreise z.B. durch Wetten und Spekulationen mit sogenanntem „Papierkaffee“ an der Börse ein großes Problem. Um Kooperativen und Produzent*innen stabilere Abnahmebedingungen und einen höheren Anteil am Verkaufspreis zu ermöglichen, versuchen Direktimporteur*innen, die Handelsketten zu minimieren und möglichst unmittelbare und verlässliche Kooperationsbeziehungen aufzubauen.
Die Röstung
Das Rösten ist der letzte Schritt zur Verarbeitung der Kaffeebohnen und erfolgt zumeist mittels industrieller Verfahren in den Importländern. Im Prinzip kann Kaffee auch zuhause in der Pfanne geröstet werden. Der grünliche und nach Heu riechende Rohkaffee wird erhitzt und die Farbe der Bohnen wechselt ins Bräunliche. Nach ein paar Minuten kommt es zum Crack, einem hörbaren Knacken, das durch die Verdampfung von Feuchtigkeit und die Vergrößerung des Bohnenkörpers entsteht.
Röstereien nutzen handwerkliche Trommelröstverfahren oder industrielle Heißluftverfahren in der Massenproduktion. Letztere sind schneller und erlauben günstigere Röstungen, führen allerdings aufgrund der hohen Hitzezuführung zu ungewollten Säuren im Röstkaffee und einem ungleichmäßigen Röstbild. Im Extremfall ist die Bohne außen verbrannt und totgeröstet, aber im Inneren noch grün. Die Dauer der Röstung, die Temperaturunterschiede und Röstkurven bestimmen wesentlich das Aroma und die Qualität des Röstkaffees. Handwerkliche Röstungen sind generell magenverträglicher und besitzen eine höhere Qualität. Wie frisch der Röstkaffee dann zu den Verbraucher*innen kommt, hat ebenfalls Einfluss auf die Güte des Kaffees und seine Nachhaltigkeit.
Der Vertrieb
Ein Großteil des Kaffees wird konventionell vertrieben, dieser Anteil beträgt etwa 70 bis 75 Prozent. Der größte Teil hiervon entfällt auf Supermärkte und Ketten. Selbst wenn hier seit einigen Jahren der Anteil an fair gehandeltem Kaffee steigt, wird durch die unterschiedlichen Angebote in den Regalen – auch von „Blutkaffee“ – die Frage eines menschenwürdigen Überlebens im Kaffeeanbau ohne Armut und Elend zu einer reinen Kaufentscheidung, statt als eine generelle gesellschaftliche Verpflichtung und globale Verantwortung aller gehandhabt zu werden.
Aber auch lokale Röstungen sowie der Direktimport und -vertrieb nehmen zu. Der faire und insbesondere der solidarischen Handel streben dabei nach anderen Interaktionsketten und Beziehungen sowie die Herstellung ganz anderer Bedingungen. Bei Café Libertad und anderen Akteur*innen sind daher auch Förderaufschläge für Kooperativen, soziale oder politische Projekte enthalten. Die Perspektive des solidarischen Handels ist die Überwindung von Ungleichheit und Abhängigkeit auf dem Weltmarkt, wie sie aus der Geschichte des Kolonialismus hervorgegangen sind und bis heute als globales Ausbeutungsverhältnis fortbestehen.