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Entstehung und Entwicklung der Genossenschaft

Die Geschichte von Café Libertad

Café Libertad Kollektiv existiert seit dem 15. Juli 1999, um den Aufbau solidarischer Ökonomie mit direkter Solidarität zu verbinden. Die Idee, zapatistischen Kaffee aus Chiapas zu importieren, ist aus anarchosyndikalistischen Strukturen in Hamburg entstanden. Neben gewerkschaftlicher Unterstützungsarbeit war es das Ziel, den Aufstand der indigenen Bewegung der Zapatistas in Chiapas zu fördern und daraus zu einem späteren Zeitpunkt auch kollektive Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Geburtsstunde der zapatistischen Kooperativen geht ursächlich auf den Aufstand der indigenen Befreiungsbewegung der EZLN am 1. Januar 1994 zurück, als fast ein Drittel des Bundesstaates Chiapas besetzt wurde. In der Folge bildeten sich fünf autonome Regionen, die unabhängig von staatlichen Regierungsstellen und Behörden eine selbstorganisierte Ökonomie gegen globalisierte Ausbeutung und postkoloniale Verhältnisse entwickeln.

Mit acht Sack Rohkaffee, die über Umwege aus den USA importiert wurden, hat die Geschichte des solidarischen Handels mit den autonomen Gemeinden in Chiapas bei Café Libertad begonnen. Bereits nach wenigen Wochen konnte Nachschub angefordert werden, da die Solidarität mit den aufständischen Gemeinden und der Verkauf des Solidaritätskaffees alle Erwartungen übertraf.

Mitglieder der lokalen Gewerkschaftsgruppe der FAU gründeten in der Folge ein Kollektiv, welches sich ehrenamtlich um den Import und Vertrieb des zapatistischen Kaffees über das direkte Umfeld hinaus bemühte. Das Kollektiv entwarf eine kleine Webseite, und informierte FAU- und EZLN-Solidaritätsgruppen über das neue Projekt.

In der Schweiz wurden Mitstreiter*innen in der dortigen Solidaritätsgruppe „Direkte Solidarität mit Chiapas“ gefunden, die ebenfalls einen Vertrieb aufbauten und den Café RebelDía kreierten. Später kamen Freund*innen und Solidaritätsgruppen in Italien, Spanien, Frankreich, Schweden, Großbritannien und Griechenland hinzu, die teilweise über Café Libertad erste Kaffeesäcke bestellten und unterschiedliche eigene Projekte begannen. Mit den Jahren ist daraus ein europäisches Netzwerk von solidarischen Kaffeeprojekten gewachsen.

Mit Fördermitteln wurden und werden dabei nicht nur die Kaffeekooperativen und die Autonomie der zapatistischen Gemeinden, sondern auch soziale und politische Bewegungen weltweit unterstützt. Café Libertad hat in der Vergangenheit zum Beispiel streikende  Arbeiter*innen supported, war am Vertrieb der Strike Bikes beteiligt und hat den Aufbau einer unabhängigen Produktion in der besetzten Fabrik von vio.me in Griechenland gefördert.

Das Arbeitskollektiv wurde 2007 von einer ‚inhabergeführten‘ OHG in eine Genossenschaft überführt, um sie als privates Eigentum vom Markt zu nehmen und in der Rechtsform zu kollektivieren. Seitdem ist Café Libertad eine eingetragene Genossenschaft und Mitglied beim Zentralverband der Konsumgenossenschaften (ZdK), einem politisch aktiven Verband für die Interessen, die Idee und die Neugründungen kleiner und mittlerer Genossenschaften als gesellschaftliche Alternative.

Inzwischen importiert und vertreibt Café Libertad Kollektiv den Kaffee für den täglichen Aufstand nicht nur von zapatistischen Gemeinden, sondern auch von weiteren widerständigen Kooperativen, wie der Finca Sonador als Projekt von Bürgerkriegs-Geflüchteten in Costa Rica oder der Frauenkooperative Aprolma aus Honduras. Zudem organisieren wir mit anderen Solidaritätsgruppen den Vertrieb von u.a. anarchistischem CNT-Rotwein aus Spanien oder Solidaritäts-Olivenöl für das Getriebe der Bewegung in Griechenland.

Fragen und Widersprüche stellen sich dabei immer wieder neu: Wie organisieren wir die Finanzierung für die Kaffeekooperativen und nach welchen Kriterien gestalten wir Preise für Kleinbäuer*innen und solidarische Verbraucher*innen? Nach welchen Grundsätzen arbeiten wir mit anderen Gruppen und Akteur*innen zusammen? Wie kann unsere Praxis ein Teil der Überwindung der globalen Ungerechtigkeitsverhältnisse sein, statt diesen als ethischere Form des Kapitalismus neue Legitimität zu verleihen und sie letztlich nur unter anderen Vorzeichen fortzuschreiben?

Die Nähe und direkte Solidarität mit indigenen und zapatistischen Gemeinden, globale Vernetzungen mit anderen Projekten und die Eingebundenheit in soziale Bewegungen und Mobilisierungen war dabei in der Vergangenheit ebenso wichtig wie ein Selbstverständnis von Café Libertad als politisches Projekt, das über den eigenen Tellerrand als Kollektiv hinausreicht.

Das läuft im Alltag manchmal besser und manchmal schlechter, doch trotz Krisen des Kollektivs werten wir den bisherigen als eine Erfolgsgeschichte, an der alle Anteil haben. Auch alle, die die Idee von Café Libertad in der Vergangenheit bis heute auf unterschiedlichste Weise unterstützt haben oder die sich morgens erstmal einen Kaffee für den täglichen Aufstand gönnen, um mit wachen Augen den Blick auf eine Welt zu richten, die nicht unveränderbar ist, sondern immer wieder neu erfunden werden will. 

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