Rohkaffeeimport, neue Kooperativen und Preisentwicklung
Die neue Kaffeeernte 2023
Nachdem sich unser Rohkaffeelager über die Wintermonate beständig geleert hat, läuft nun der Import der neuen Ernte und die Bestände füllen sich wieder, auch mit dem Kaffee neuer Kooperativen. In der Folge sind bald alle 5kg-Großpackungen wieder lieferbar. Nach Abschluss des Imports werden wir die Verkaufspreise von Café Libertad neu kalkulieren.
Was wir dieses Jahr importieren
In der zweiten Aprilhälfte haben uns die ersten vier Container mit Rohkaffee aus der Ernte 2022/2023 erreicht. Bis in den Juni hinein folgen neun weitere, so dass wir dann eine Gesamtmenge von 241.500 kg importiert haben werden. Von den insgesamt 3.500 Sack Rohkaffee sind 3.000 Stück bio-zertifiziert.
Dabei führen wir die langjährige Zusammenarbeit mit widerständigen Gemeinden und selbstorganisierten Kooperativen fort und bauen sie weiter aus. Der Großteil des Kaffees stammt von den zapatistischen Kooperativen Yachil Xojobal Chulchán und Yochin Tayel Kinal sowie von der Frauenkooperative Aprolma aus Honduras. Auch von der Finca Sonador (Costa Rica) und von Red EcolSierra (Kolumbien) importieren wir wie gehabt und ergänzen so das Basissortiment von Café Libertad.
Zugleich war die Gesamtmenge des Rohkaffees, den uns diese Kooperativen zur Verfügung stellen können, in den letzten Jahren häufig etwas zu knapp bemessen, um den Bedarf vollständig zu decken. Das hat teilweise dazu geführt, dass wir nachträglich noch Kaffee aus anderen Quellen, die unsere Kriterien erfüllen, hinzukaufen mussten.
Deshalb und weil wir dauerhafte und verlässliche Beziehungen als eine wichtige Basis solidarischen Handels begreifen, waren wir schon länger auf der Suche nach weiteren festen Kooperationen mit selbstorganisierten Zusammenschlüssen von Kleinbäuer:innen.
Hier sind wir nun fündig geworden und beziehen in diesem Jahr erstmals auch Kaffee von zwei weiteren Kooperativen: von Maya Vinic aus Chiapas und von Combrifol aus Honduras.
Neue Kooperativen in Mexiko und Honduras
Die Kooperative Maya Vinic wurde 1999 in Chiapas, Mexiko gegründet und exportiert ihren bio-zertifizierten Kaffee direkt und ohne Zwischenhändler:innen. Ihre ca. 300 Mitglieder sind mehrheitlich Tzotzil-Indigene und kommen aus der Gemeinden Chenalhó, Chachihuitán und Pantehló. Die Gründung der Kooperative geht zurück auf das Massaker von Acetal, bei dem am 22. Dezember 1997 in einer Kapelle 45 Menschen, die der religiösen Gruppe der Las Abejas (Die Bienen) angehörten, von Paramilitärs ermordet worden waren, weil sie sich solidarisch mit den zapatistischen autonomen Gemeinden gezeigt hatten.
Weitere Einschüchterungen und Morddrohungen zwangen viele Tzotzil-Indigene zur Flucht. Unter den Vertriebenen gab es Bäuer:innen, die sich mit dem Kaffeeanbau gut auskannten, woraus bald eine Möglichkeit wurde, in den neuen Regionen zu überleben. Die Selbstorganisierung von Maya Vinic ist Ausdruck des Widerstandes gegen die Repression und Teil des Kampfes indigener Gemeinden für Autonomie und ein ganz anderes Ganzes. Die Kooperative ist der zapatistischen Bewegung weiterhin eng verbunden.
Die Kooperative Combrifol – die Cooperativa Mixta Regional Brisas de la Frontera Ltd. – hat sich in den 1990er Jahren im Südwesten von Honduras geründet. Sie erstreckt sich auf die Gebiete Nahuaterique, Marcala, Yarula und Santa Elena. Seit über zehn Jahren exportiert sie einen biozertifizierten Arabica-Hochlandkaffee, der sich durch seine Fruchtigkeit und ein lebendiges Geschmacksbild auszeichnet.
Die in Combrifol organisierten Erzeuger:innen des Kaffees gehören überwiegend der indigenen Bevölkerungsgruppe der Lenca an und leben im Grenzgebiet zu El Salvador in extremer Armut. Während es dort so gut wie keine öffentliche Infrastruktur gibt, bedeutet die Zugehörigkeit zur Kooperative einen Zugang zu Ressourcen, die die Bäuer:innen in ihrer Subsistenz und bei der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen unterstützen. Die Kooperative bietet dabei auch einen Rahmen für die Selbstorganisierung von Frauen im Kampf gegen patriarchale Gewaltverhältnisse und für ihre Rechte.
Was wir den Kooperativen bezahlen
Wir bezahlen dieses Jahr für den zapatistischen Kaffee 135 MXN/kg (2022: 135 MXN + 10 MXN Corona-Zuschlag pro kg) und für den Kaffee aus Honduras 3,00 USD/lb (2022: 3,15 USD/lb). Damit liegen die Preise für die kleinbäuerlichen Kooperativen nur knapp unter dem Niveau des Vorjahres, wo wir zusätzlich zu den Vertragspreisen teils noch Solidaritätszuschläge aufgrund der Corona-Lage gezahlt haben.
Gleichzeitig halten wir beim Ankauf des Kaffees ein hohes Niveau, das deutlich über dem Weltmarkt liegt. Dort war die Kaffeepreise im Vergleich zum Vorjahr stark eingebrochen. Während wir im November und Dezember 2022 die Verträge mit den Kooperativen schlossen, war der börsennotierte Weltmarktpreis am Sinken: Von 2,60 USD/lb im April 2022 ging es zum Jahreswechsel auf einen Tiefstwert von unter 1,50 USD/lb. Gerade auch deshalb ist es so wichtig, Vereinbarungen losgelöst von Börsenkursen und basierend auf Solidarität zu treffen.
Schwankungen auf dem Weltmarkt sind für kleinbäuerliche Kooperativen in beide Richtungen existenzgefährdend. Bei hohen Weltmarkpreise wird der Kaffee direkt bei den kleinen Produzent:innen von fliegenden Händler:innen aufgekauft, bevor er die Kooperativen erreicht. Oft stehen die großen Kaffeekonzerne dahinter, teilweise wird durch den Kaffeeaufkauf auch Geld aus korrupter Politik und der organisierten Kriminalität gewaschen. Bei niedrigen Weltmarktpreis hingegen reichen die Erlöse des Kaffeeverkaufs für Bäuer:innen und Kooperativen nicht aus, um eine existenzsichernde Produktion zu gewährleisten.
Was Euch und uns erwartet
Nachdem angesichts insgesamt steigender Kosten bereits in 2022 Preiserhöhungen erforderlich waren, ist es unser erstes Ziel, nicht noch teuer zu werden. Noch lieber möchten wir die Preise, falls möglich, wieder etwas senken.
Ob es Änderungen geben wird, klärt sich aber erst mit Abschluss der Importe. Denn ein wesentlicher Faktor für unsere Einstandspreise sind die Wechselkurse der Währungen, wenn beim Erhalt der Ware die Restzahlung erfolgt.
Weiterhin wollen wir solidarisch gehandelten Kaffee als ein Produkt anbieten, das für möglichst viele Menschen erschwinglich ist und darüber einen Beitrag zu sozialen Kämpfen und widerständigen Bewegungen in Europa, Lateinamerika und überall auf der Welt leistet.
Café Libertad Kollektiv, 2. Mai 2023