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Genossenschaftlich und Kollektiv

Wie wir arbeiten

Para todos todo, nada para nosotros*

Café Libertad Kollektiv – ein genossenschaftlicher Kollektivbetrieb

Die Genossenschaft ist zwar wegen der rechtlichen Auflagen aufwendiger als andere Rechtsformen, besitzt für uns aber den Vorteil, eine Form der Vergesellschaftung und Selbstverwaltung jenseits von Privatbesitz darzustellen. Dies bedeutet: Café Libertad Kollektiv ‚gehört‘ niemandem. Auch nicht den Mitgliedern der Genossenschaft als Anteilseigner*innen oder den Mitgliedern des Arbeitskollektivs. Überschüsse werden nicht privatisiert oder als Gewinne ausgeschüttet. Ziel ist die Unterstützung der Autonomie von zapatistischen und indigenen Gemeinden und die Förderung der Idee des solidarischen Handels und selbstorganisierter Arbeit.

Die Rechtsform erfordert eine jährliche Vollversammlung der Genossenschaftsmitglieder, bei der der Jahresabschluss vorgestellt wird und die gesetzlichen Organe entlastet bzw. gewählt werden. Die Vollversammlung ist das höchste beschlussgebende Gremium der Genossenschaft und findet nach den Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes statt.

Unsere Strukturen im Arbeitskollektiv

Wir organisieren unsere Arbeit hierarchiefrei und entscheiden auf einem wöchentlichen Plenum im Konsens. Dieses Plenum ist unbezahlt. Dazu gibt es nach Bedarf halbstündige tägliche Arbeitsbesprechungen, die Arbeitszeit sind. Außerdem organisieren wir ein- bis zweimal im Jahr ein ganztägiges Treffen für grundsätzlichere Fragen und veranstalten regelmäßig Supervision, um bereits frühzeitig möglichen Konflikten vorzubeugen, wie sie in der Vergangenheit des Kollektivs zu teilweise offenem Streit und Trennungen geführt hatten.

Wir bezahlen für Lohnarbeit beim Import und Vertrieb (Bestellungsannahme, Packen, Versand, Importabwicklung mit Kaffeekooperativen, Röstproduktion, Buchhaltung, etc.) einen Einheitslohn pro Stunde. Für spezielle Projekte mit hohem Betreuungsaufwand zur Einarbeitung oder Praktika bezahlen wir in freier Vereinbarung teilweise weniger, mindestens jedoch den Mindestlohn. Politische Arbeit, die für uns dazugehört (z.B. bei Solidaritätskampagnen oder Solikaffeeständen), die Kollektivplena oder die Tätigkeit in den Organen der Genossenschaft sind generell unbezahlt und ehrenamtlich.

Transparenz durch die Weitervermittlung von betrieblichen Abläufen und Zahlen für alle

Grundsätzlich sollen alle in jedem Bereich arbeiten, um einer Hierarchisierung der Arbeit vorzubeugen. In der Realität klappt dies nicht immer. Einige fallen im körperlich belastenden Packbereich aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen aus, andere Tätigkeiten erfordern spezielle Fähigkeiten wie Fremdsprachen-, Buchhaltungs- oder technische Kenntnisse.

Generell bemühen wir uns um möglichst viel Transparenz und Weitervermittlung von Abläufen z.B. durch innerbetriebliche Fortbildung in den unterschiedlichen Arbeitsbereichen. Auch die finanzielle Situation und betriebswirtschaftliche Zahlen werden regelmäßig auf dem Plenum dargestellt. Letzteres ist nach unserer Erfahrung besonders wichtig, um Hierarchien am wichtigen Punkt der Finanzierung zu verhindern und allen die Möglichkeit zu geben, sich bei der Steuerung und Planung einzubringen. Wichtig ist uns dabei, nicht nur betriebswirtschaftlich zu argumentieren, sondern solche Ebenen zu hinterfragen und Entscheidungen auch politisch zu diskutieren.

Widersprüche und Realitäten fragend schreiten wir voran!

Café Libertad Kollektiv ist als Projekt aus der anarchosyndikalistischen Gewerkschaftsbewegung entstanden. Die Idee bei der Gründung war neben der Unterstützung widerständiger Kooperativen und der Förderung von sozialen Bewegungen die Schaffung von Arbeitsplätzen mit Rahmenbedingungen, die wir auch politisch und gesellschaftlich fordern, um Selbstausbeutung und Prekarisierung zu verhindern. Dies schafft in der ökonomischen Realität immer wieder neue Problemstellungen, die wir kritisch hinterfragen.

Insbesondere der Packbereich von Café Libertad Kollektiv ist körperlich schwere Arbeit, die sehr belastend ist. Krankheitstage müssen ausgeglichen werden und zusätzliches Bestellaufkommen muss verarbeitet werden. Es hat sich langfristig nicht als sinnvoll herausgestellt, dauerhaft mehrere Tage in diesem Bereich zu arbeiten, da körperliche Belastungen und gesundheitliche Probleme mit der Intensität der Tätigkeit zunehmen. Daraus resultiert für uns im Moment eine Begrenzung der Arbeitszeit von maximal zwei festen Tagen in der Woche im Packbereich. In den letzten Jahren hat mit steigendem Arbeitsaufwand daher auch die unterstützende Tätigkeit von Aushilfen zugenommen.

Einheitslohn und gleiche Rahmenbedingungen

‚Aushilfen‘ in Kollektivbetrieben klingt seltsam, ist in den meisten Arbeitskollektiven aber eine Realität bei der Bewältigung des Arbeitsaufkommens. Wir wollen diese Realität nicht ausblenden oder verschweigen, sondern mit dieser bewusst und transparent umgehen. Dabei spielt auch eine Rolle, unterschiedliche Lebenssituationen zu berücksichtigen und quer verlaufende Lebensentwürfe möglich zu machen. Wer noch studiert, hat oft andere Interessen, Schwerpunkte und Lebensbedingungen als Menschen, die einen Zuverdienst zu einer selbständigen oder künstlerischen Tätigkeit suchen oder eigentlich eine Vollzeitstelle.

Aushilfen werden bei Café Libertad Kollektiv dauerhaft sozialversicherungspflichtig beschäftigt und erhalten denselben Arbeitslohn sowie denselben Urlaub und Bildungsurlaub wie die Mitglieder des Kollektivs. Wir bemühen uns, auch für Aushilfen nach Wünschen, Bedürfnissen und Möglichkeiten feste Wochenarbeitstage zu vereinbaren. Dies soll Prekarisierungstendenzen und eine schleichende Auslagerung von Arbeit aus dem Kollektiv in deregulierte Beschäftigungsverhältnisse verhindern.

Im Moment entwickeln wir Modelle, wie die betriebliche Selbstverwaltung und Mitbestimmung von Beschäftigten unterhalb der Vollmitgliedschaft im Kollektiv oder der Genossenschaft für alle im Betrieb gewährleistet werden kann, z.B. über Vollversammlungen aller Akteur*innen.

Insgesamt arbeiten derzeit 17 Menschen bei Café Libertad, davon sieben im Kollektiv. Die Arbeitszeit liegt zwischen sechs Stunden (Regelarbeitszeit pro Tag) und 30 Stunden (Vollarbeitszeit) die Woche. Sie orientiert sich nach Möglichkeit an den unterschiedlichen Bedürfnissen der Beteiligten.

Aushilfen werden in der Regel zwischen zwei und drei Tagen in der Woche beschäftigt. Kollektivmitglieder sollen nach Möglichkeit zwischen drei und fünf Tage pro Woche arbeiten, um ein tieferes Verständnis und aktives Mitverfolgen von betrieblichen Entwicklungen im Alltag möglich zu machen. Aktuell wird an der Erweiterung des Kollektivs und an gemeinsamen Eckpunkten hierfür gearbeitet. 

 

* Para todos todo, nada para nosotros = Alles für alle, für uns nichts

Die Losung entstammt einem Wandbild zum Selbstverständnis der Organe von zapatistischen Gemeindeverwaltungsstrukturen. Sie ist angelehnt an folgendes Zitat von Subcommandante Marcos: "Para todos todo. Para nosotros el dolor y la angustia, para nosotros la alegre rebeldía, para nosotros el futuro negado, para nosotros la dignidad insurrecta. Para nosotros nada."

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