Rundreise bei Kaffee-Kooperativen in Chiapas
Gespannt haben wir die Reise angetreten, da parallel zum umstrittenen Präsidentschaftsantritt im Dezember 2012 ein „stiller“ Aufstand der Zapatistas erfolgte, bei dem sie vermummt und mit erhobenen Fäusten – schweigend – auf den Hauptplatz von San Cristobal und anderen Städten in Chiapas gezogen sind. Auch knapp 20 Jahre nach dem Aufstand sind sie von starker Militärrepression betroffen und leben oftmals unter prekären Lebensbedingungen. Programmatisch richten sie sich auf die verstärkte internationale Kommunikation und Außendarstellung aus, konkret durch die Ausrichtung einer internationalen zapatistischen Sommerschule!
Unseren ersten Besuch haben wir der Kooperative Yachil abgestattet, die ihr Büro in San Cristobal hat. Wir wurden freundlich in ihre Gemeinden eingeladen und haben uns dort Kaffeepflanzungen angeschaut, die unter Schattenbäumen gedeihen. Von den Fördergeldern wird aktuell eine neue Lagerhalle gebaut, da die bestehende kaum mehr genug Kapazitäten für den Kaffee hergibt und wo auch perspektivisch Verarbeitungsanlagen aufgestellt werden sollen. Außerdem soll Platz für gemeinschaftliche Treffen der Kooperative mit über 300 Mitglieder geschaffen werden.
Die Kooperative Ssit (in Yajalón, NW von Ocosingo) hingegen hat dieses Jahr Schwierigkeiten mit der Kaffeeernte: das hoch gelegene Kaffeeanbaugebiet wurde von starkem Regen betroffen, was teilweise zum Verlust der Ernte führte. Auch sind viele der Pflanzen schon relativ alt, sodass die Pflanzen verjüngt werden müssen. Nichts desto trotz ist auch diese Kooperative intensiv mit einem Neubau und der Ausbesserung einer bestehenden Lager- und Verarbeitungshalle beschäftigt. Diese befinden sich mit auf dem Gelände einer autonomen zapatistischen Schule, wo sich auch durch den Neubau ein neues lokales politisches Zentrum herausbilden soll.
In der Kooperative Yochin (in Altamirano, südlich von Ocosingo) wurden organisatorische Probleme der Vergangenheit gut überwunden. Die Kooperative verfügt bereits über Verarbeitungsanlagen und ausreichende Lagerkapazitäten. Es besteht eine enge Anbindung an die Gute Regierung im Caracol Morelia. Die regen Bautätigkeiten in den Caracoles haben wir als Vorbereitung der Sommerschule, zu der die Zapatistas die internationale Gemeinschaft im August einladen, gedeutet.
Gefreut hat uns sehr, dass die Guten Regierungen allen drei Kooperativen erlaubte, uns persönlich in ihre Gemeinden einzuladen, und damit einen intensiven Austausch mit den Bäuer_innen sowie den Besuch von Kaffeepflanzungen ermöglichte. Dies war in früheren Besuchen teilweise schwieriger umzusetzen.
In vielen Gesprächen kam es so zu einem offener Austausch, z.B. über die Preis- und Vertragsgestaltung sowie zu Qualitätsfragen vom Anbau bis zur Röstung. In diesem Zusammenhang wurde auch thematisiert, wie wichtig es ist, sich gegen die Ausbreitung des Pflanzenkrankheit „Kaffeerost“ zu wappnen. Unserseits konnten wir das Konzept des Solikaffees von Café Libertad mit Fördermittelaufschlag für emanzipatorische Projekte in Mexiko/Lateinamerika und Europa darstellen. Auch berichteten wir von der politischen Situation in Europa und Deutschland und unserem Engagement in z.B. der Recht-auf-Stadt-Bewegung und bei Antifa-Mobilisierungen.
Als Herausforderung für die Entwicklung der wirtschaftlichen Autonomie der Zapatistas haben wir festgestellt, dass es doch sehr lange Weg zwischen Pflanzungen, Lagern der Kooperativen und den Caracoles (politische Verwaltungszentren) gibt, was mitunter mehrtägiges Reisen bedeutet, und dass die drei Kooperativen nur wenig zusammen machen. Aufgefallen ist uns auch, dass es in der Kooperativenleitung kaum Frauen gibt.
Erfolgreich war insgesamt, dass wir nach dem letzten Besuch von Café Libertad im Dezember 2011 als Kollektivmitglieder die bestehenden Beziehungen auffrischen als auch neue Kontakte knüpfen konnten, z.B. zur kämpferischen, pro-zapatistischen Kooperative OICOREMA in Oaxaca.
Wir sind auf die weitere Zusammenarbeit mit den Kooperativen in Mexiko gespannt!
Ronja und Gerrit